Von 1995 bis 2018 war Knut Brack Lektor in unserer Kirchengemeinde. Am Sonntag den 8. Mai 2022 möchten wir ihn nun auch offiziell verabschieden und uns für seinen wertvollen Verkündigungsdienst bedanken.
Wie kamst Du dazu, als Lektor tätig zu werden?
Pfr. Bock hat mich angesprochen wegen der Lektortätigkeit. Er hatte wohl den Eindruck, dass ich geeignet dafür bin. Das war am 30. August 1995, ein Jahr nach meinem Ruhestand. Bis 2018, also 23 Jahre lang war ich im Dienst.
Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Ich bin kein guter Freiredner. Was ich sage, möchte ich mit meinen eigenen Worten sagen. In aller Regel habe ich vorgelesen und die Erklärungen dazu gewissenhaft durchgesehen. Worum geht es eigentlich? Es ist gut, dass jedes Wort überlegt ist. Ich habe auch jeden Gottesdienst aufgeschrieben. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, es gut vorzutragen nach Tucholsky „kurze Sätze, kurze Sätze“. Ich habe es erkennbar gemacht auf meinen Aufzeichnungen, dass ich es mit einem Blick erfassen kann. Die Sprache ist ein Werkzeug, eigene Gedanken auszudrücken.
Was hat Dir die Lektorentätigkeit persönlich gegeben?
Am meisten Freude gemacht hat mir der Ausgangsgedanke, dass wir alle Kinder Gottes sind. „Ich hab dich bei deinem Namen gerufen, Du bist mein.“
Und im Schlafzimmer haben wir ein Blatt mit dem Text hängen: „Die dem Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft.“
Den Gedanken, den ich sehr schön finde, ist die starke Zusammenbindung mit Gott. Gott ist präsent. Nicht, dass er sagt: „Du hast schon wieder Mist gemacht!“ Das Gesicht Gottes ist Barmherzigkeit, sagt Franziskus, das ist eine wunderschöne Sache. Eine Annäherung an Gott habe ich so verstanden, dass ich mich IHM zuwende, dass ich IHM vertraue. Und ein Grundgedanke bei meinen Gottesdiensten war, dafür zu werben, dass wir Gott vertrauen können. Der guten Gedanken für Andere. Auch das sind Gebete zu Gott. Und dass man sich um jemanden kümmert, macht Sinn.
Ist Dir in den letzten 25 Jahren Lektorendienst etwas besonders wichtig geworden?
Ich hatte zunehmend mehr Erfahrung, konnte mich besser ausdrücken. Und der Kontakt mit den Menschen: An einem meiner letzten Gottesdienste in Eschau, da musste ich den Tod eines Gemeindegliedes abkündigen, und als ich mich am Ausgang der Kirche von der Frau verabschiedet habe, das hat mich sehr angerührt. Ich hatte aber das Gefühl, ich konnte sie trösten, sie hat dann auch einen 100 Euro-Schein gegeben. Wenn wir nach Eschau gehen, begegnen wir ihr immer mal und gehen dann auch auf den Friedhof.
Von daher war das ein Höhepunkt einschl. dem Chor, der ja auch dort gesungen hat. Zum Lobe Gottes zu singen hat mir auch Freude gemacht, auch meine Frau Hildegard, als ich sie in Mönchengladbach kennen gelernt habe, sie hatte ja sogar Gesangsunterricht genommen und in DEM Oratorienchor in AB gesungen und da bin ich auch begeistert gewesen im Konzert in Aschaffenburg.
Und das Lied im Gottesdienst ist eine ganz wichtige Sache für mich geworden. Singend zu Gott beten. Zum Kriegsende waren wir ja in Unterjoch/Allgäu verschlagen, wo weit und breit nix Evangelisches war. Meiner Mutter war es damals ganz wichtig, dass wir 1947 alle 3 Geschwister (Brüder) gleichzeitig konfirmiert wurden in Oberstorf, wo unsere Schule und der Konfi-Unterricht waren.
Warum gerade das Gemeindelied?
Das hat Wurzeln ganz früh in meiner Kindheit. Ein Lied ist mir seit jener Zeit noch von meiner Mutter bekannt: „Befiehl du deine Wege“. Es ist für mich ein herrliches und wunderschönes Lied. Es nimmt mich auf und erweckt Vertrauen in mir und tröstet mich. Ich kann immer wieder daran denken, wie freundlich und gnädig Gott zu mir ist und was er auch bewirkt bei mir und meiner ganzen Familie.
Meine Mutter war ja Berlinerin, mein Vater ist geboren in Berlin und in München aufgewachsen. Ich habe ihn sehr geliebt. Er war ein ganz liebenswerter Vater. Er ist 1888 geboren und 30 Jahre im Kaiserreich aufgewachsen, da sein Vater starb als er 17 Jahre alt war konnte er kein Abitur machen. Er hat sich eine landwirtschaftliche Ausbildung angeeignet und sein Leben lang für das Auskommen seiner Mutter gesorgt. Er ist dann 1913 nach Peru gegangen und auf einer Hacienda/Plantage gewesen in Casa Grande und Ende 1914 bei Ausbruch des Krieges nach Deutschland zurückgekehrt, weil er ja Reserveoffizier war. Die Leute sind im Krieg damals verheizt worden…..
Was wünschst Du Dir für unsere Kirchengemeinde, für die Evangelische Kirche insgesamt?
Dass die Menschen Vertrauen zu Gott finden. Dass sie sich nicht durch das Fehlverhalten von und gegenüber anderen Leuten abhalten lassen. Es ist alles möglich, was wir Menschen tun. Aber wenn wir einen vergebenden Gott haben, brauchen wir keine Angst zu haben. Was wäre das für ein Gott, der uns schaffte und aus einer Laune heraus sagte: „ ihr habt nicht das getan, was ich wollte“?
Wir alle sind fehlerhaft. Der Vogel ist für mich ein Sinnbild für die große Schöpferkraft Gottes, allein dass er fliegen kann, das ist etwas Göttliches, eine fantastische Sache! Gott halte ich für den Ursprung allen Lebens. Das sind Dimensionen, die wir alle nicht begreifen können. Denn Gott hat mich geschaffen, „ich hab dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“. Es ist das Bewusstsein, dass Gott freundlich gesinnt ist mir gegenüber. Ich bin dankbar, dass ich noch bei wachem Geist bin, dass ich meine Frau Hildegard habe, dass ich noch lebe.
Und auch der Gemeindebesuch in Costa Rica im Jahr 2009 hat mich sehr ergriffen. Das Zusammensein dort war für mich wahre Kirche. Eben für andere da sein.
Für unsere Gemeinde wünsche ich, dass man Freude am Glauben haben kann. Dass man sich bewusst ist, was man alles noch kann. Meine Frau Hildegard z.B. besuchte seit 15 Jahren Frau Giegerich, die früh erblindet ist und liest ihr vor, und bringte ihr alle 4-6 Wochen zum Augenarzt in Miltenberg. Das macht sie gerne. Das ist für mich Kirche sein.
Lieber Knut Brack. Herzlichen Dank für dieses Gespräch und für deine wertvollen Jahre im Dienst des Wortes in unserer Kirchengemeinde!
Gerne.